Kein Happy End für Pretty Woman


Herzogin oder nur Mätresse? – Eine tödliche Alternative

Verlässliche Quellen über die Herkunft von Agnes Bernauer gibt es nicht, sehr wahrscheinlich gelang ihr der Sprung aus einem Augsburger Badehaus ins Bett des zukünftigen Herzogs Albrecht III. von Bayern. Vielleicht stimmt es sogar, dass sie von dem verliebten Adligen geehelicht wurde. Ganz sicher aber war diese Liaison Albrechts Vater, dem Herzog Ernst von Bayern, ein ebensolches Ärgernis wie dem ganzen Hof, und ebenso sicher fanden sich genügend Komplizen für einen brutalen Mord aus Staatsräson: Am 12. Oktober 1435 wurde Agnes Bernauer in Straubing von einem Folterknecht ertränkt.
Mein „Zeitwort“ auf SWR 2 weist auf diese Geschichte, ihr literarisches Echo und Carl Orffs Oper „Die Bernauerin“ hin.

Aktualisierung am 17. Juli 2020: Für alle, die’s im Radio verpasst haben, hier der Text:

Musik: Ausschnitt aus Carl Orff „Die Bernauerin“

So gefühlvoll singt Albrecht der III., Sohn der bayerischen Herzogs, dass seine Liebste zu träumen meint …

Agnes: „Tua mi net aufweck’n“

Nicht aufgeweckt werden möchte Agnes Bernauer, Tochter eines Augsburger Baders aus dem Liebestraum, der in der Badstube begann. Dort war sie dem Thronfolger zu Diensten – ein besserer Hurenjob. Albrecht III. aber verliebte sich in das schöne Kind und nahm es direkt mit an den Hof nach München. Carl Orff komponierte 500 Jahre danach seine Oper „Die Bernauerin“.

Sichere Quellen über Geburt und Herkunft der Schönen gibt es nicht, allein dass „die Pernawin“ 1428 zum Hofstaat gehörte, ist durch eine Steuerliste belegt. Sich Konkubinen zu halten war auch beim Bayerischen Hochadel nichts Besonderes, manche Mätresse brachte es zu politischem Einfluss. An Agnes Bernauer ist ungewöhnlich, dass Albrecht III. das Mädchen sogar ehelichte oder zumindest die Ehe versprach.

Die Liaison erregte nicht nur den Zorn von Albrechts Vater, Herzog Ernst, sondern auch den seiner Schwester, Beatrix, Pfalzgräfin von Neumarkt. Dass sich Albrecht weigerte, standesgemäß zu heiraten, stattdessen lieber mit einer Buhle zusammenlebte, die sich obendrein selbstbewusst wie eine Fürstengattin gab, beschäftigte wohl ganz München; eine Bürgersfrau, die „Aicherin“, wurde wegen einer Unterschriftensammlung – ob für oder gegen die Bernauerin ist nicht bekannt – für zwölf Tage eingesperrt.

Dutzende Historiker und Schriftsteller hat das Schicksal der unglücklichen Schönen bis heute umgetrieben. Soviel ist sicher: Herzog Ernst ließ sie in Abwesenheit seines Sohnes verhaften, verurteilen und töten – ohne aktenkundige Gerichtsverhandlung. Ein Folterknecht warf sie in Straubing in die Donau, drückte sie mit einer Stange so lange unter Wasser, bis sie ertrank.

Carl Orff hat das schaurige Geschehen in seiner Oper „Die Bernauerin“ von Gaffern kommentieren lassen:

Sprechgesang: „Jetzt druckt er auf d‘ Stangen … jetzt kommt’s nimmer hoch.“

Der Auftragsmord brachte Albrecht so gegen den Vater auf, dass er sich für einige Monate dem verfeindeten Herzog Ludwig VII. von Ingolstadt anschloss. Ob das Gewissen oder die Sorge um die Erbfolge den alten Herzog trieben, für Agnes Bernauer 1436 eine eigene Kapelle auf dem Straubinger Friedhof St. Peter einrichten zu lassen, weiß niemand – Albrecht III. söhnte sich mit dem Vater jedenfalls aus, heiratete im November 1436 standesgemäß und ist für die Literatur eigentlich nur als Geliebter der Bernauerin von Interesse.

Schon Anfang des 19. Jahrhunderts pilgerten Touristen zur Kapelle in Straubing – böse Zungen nennen sie den einzigen Grund für einen Besuch dieser Stadt. Allerlei Gerüchte und Legenden kamen in Umlauf, König Ludwig I. widmete Agnes ein Gedicht, Friedrich Hebbel schuf 1852 mit seinem Drama „Agnes Bernauer“ einen Höhepunkt zahlloser literarischer Arbeiten zum Thema.

Auch im 20. Jahrhundert beschäftigten sich Historiker, Dramatiker, Erzähler mit der Tragödie; Carl Orffs Oper „Die Bernauerin“ aus dem Jahr 1947 ragt zweifellos heraus, aber sie ist schwer aufzuführen, daher greifen die alle vier Jahre ausgerichteten Festspiele in Straubing und Vohburg auf laientaugliche Bühnenstücke zurück. Neue Versionen und Abwandlungen sind gewiss, denn diesem Stoff ergeht es wie allen Aschenputtel-Geschichten: er ist „einfach nicht totzukriegen“ – im Gegensatz zu seiner Heldin.

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